Ich kann kein Geld nehmen, wenn der Heilerfolg ausbleibt…

kein Geld nehmen

Bezahlung zu verlangen, wenn es keinen Heilerfolg gab, ist eine große Herausforderung für schätzungsweise 95% aller frisch gebackenen Therapeuten!

Aber auch erfahrenen Heilpraktikern fällt es oft schwer, eine Rechnung auszustellen, wenn der erhoffte Heilerfolg ausgeblieben ist.

Bei Praxis-Anfängern steckt oft einfach nur mangelnde Erfahrung dahinter und die Angst, dass die neu gelernten Methoden nicht funktionieren.

Doch auch Heilpraktiker mit viel Erfahrung, die schon vielen Menschen helfen konnten, grämen sich oft, wenn sie einem Patienten einmal nicht helfen können. Sie haben Angst, dass sich das herumspricht und ihr Ruf darunter leidet. 

Ich bin der Meinung, dass da auf mehreren Seiten zu hohe Ansprüche gestellt werden!

Sicher, wenn der Patient für seine Behandlung bezahlt, erwartet er natürlich, dass es ihm danach besser geht. Auch wenn Sie kein Heilversprechen gegeben haben (was nach dem HWG niemand darf – kein Arzt, kein Heilpraktiker und kein sonstiger Therapeut).

Dabei wird aber mit zweierlei Maß gemessen:

  • Natürlich erhofft man sich auch von einem Arzt, dass er helfen kann. Aber wer würde den Wert der Arbeit des Arztes in Zweifel ziehen, wenn das verschriebene Medikament nichts nützt? Das passiert doch immer mal wieder und ist normal!
  • Die Öffentlichkeit wird zur Zeit von den Medien aufgehetzt mit Berichten über einzelne Heilpraktiker, die sich nicht an die geltenden Vorschriften gehalten haben. Und dann wird verallgemeinert, dass Heilpraktiker eine Gefahr für die Menschheit seien (wobei genau das ja bei der amtlichen Überprüfung ausgeschlossen werden soll… 😉 )

Bitte ziehen Sie sich diesen Schuh nicht an!

In diesem Zusammenhang hat mir die Schilderung in dem Artikel Vom aussichtslosen Kampf der Alternativmedizin von Georg Olbrecht sehr gut gefallen. (Das zitierte Buch finden Sie hier.)

Übertragen wir die Sachlage mal auf einen anderen Bereich: die Arbeit von Rechtsanwälten.

Wenn zwei Parteien miteinander in Streit geraten, beauftragen sie jeweils einen Rechtsanwalt in der Hoffnung, dass er ihnen zu ihrem Recht verhelfen kann. Es liegt in der Natur der Sache, dass meist eine Seite den Streitfall gewinnt. Der Verlierer muss nicht nur seinen (unterlegenen) Anwalt trotzdem bezahlen. Ihm werden auch die Gerichtskosten in Rechnung gestellt. Das passiert auch immer wieder und ist ganz normal!

Trotzdem hat kein Anwalt ein schlechtes Gewissen, seinem Mandanten eine Rechnung zu schreiben, wenn er den Fall verloren hat.

Einfach, weil er überzeugt ist, dass er sein Menschen-mögliches getan hat um zu gewinnen. Die Chancen stehen nun einmal Fifty-Fifty.

Auch Heilung kann nie garantiert werden.

Sie ist eine Gnade und kann nicht eingefordert werden.

Wenn Sie als Heilpraktiker nach bestem Wissen und Gewissen Ihr Menschen-mögliches geben, um Ihrem Patienten zu helfen, dann haben Sie auch das Recht auf eine Bezahlung – unabhängig vom Heilerfolg!
  • Ich habe beobachtet, dass der Anspruch vieler Heilpraktiker, jedem Patienten helfen zu können, meist einhergeht mit dem Drang nach Perfektionismus.
„Wenn ich nicht jedem helfen kann, dann bin ich nichts wert!“

Meist haben diejenigen schon selbst bemerkt, dass sie sich mit diesem Perfektionismus selbst das Leben schwer machen.

Dabei hat meine Homöopathie-Lehrerin uns eingeschärft, dass wir uns über Gott stellen, wenn wir uns anmaßen darüber entscheiden zu wollen, wer gesund wird und wer nicht.
Wir haben gelernt demütig zu bleiben und die Heilung nach oben abzugeben.

Die Kunst des Lebens besteht in dem Mut Dinge zu ändern, die man ändern kann, in der Gelassenheit Dinge hinzunehmen, die man nicht ändern kann, und der Weisheit, zwischen beidem unterscheiden zu können. (frei nach Reinhold Niebuhr)

Weisheit statt Perfektionismus

 

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg in Ihrer Praxis und Gelassenheit in den Dingen, die Ihnen nicht perfekt gelingen!

Herzliche Grüße

Gabriele Ermen


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Nächste Woche geht es dann um die Frage:

Wie erreiche ich eine bessere Patientenbindung?


Die Frage von letzter Woche lautete:

Ich habe so viel investiert und jetzt möchte ich entlohnt werden.

6 KommentareSchreiben Sie einen Kommentar

  • Liebe Frau Ermen, der Artikel trifft sehr gut auf mich zu und hat mir ein Stück weit auch geholfen oder einen Denkanstoß gegeben – Danke!
    Viele Grüße,
    S.Kunze

  • Liebe Frau Ermen, Ihr Artikel hat „im schwarz getroffen“. Vielen Dank für diesen Stück vom Selbstbewusstsein.
    Liebe Grüße
    M. Lara-Brunner

  • Liebe Fr. Ermen, ich arbeite zwar nicht als Heilpraktikerin sondern als geistige Heilerin, aber auch ich ertappe mich dabei, ein schlechtes Gewissen zu haben, wenn eine Sitzung mal ausnahmsweise keine erkennbare Verbesserung gebracht hat… Deshalb bedanke ich mich herzlich, dass sie mich daran erinnert haben, demütig zu sein und daran, dass Gott heilt und ich „nur“ das Medium bin!
    Herzliche Grüße,
    Silke

    • Liebe Frau Kitzmann,
      ich finde es nur allzu menschlich, das ab und zu zu vergessen. Umso wichtiger ist es, diese Einstellung zu korrigieren, wenn man merkt, dass sie mehr Leid als Freude bringt.
      Verzeihen Sie sich selbst, dann werden Sie wieder freier in Ihrer Arbeit und können Ihren Klienten letztendlich besser helfen.
      Herzliche Grüße
      Gabriele Ermen